Max Heinemann: "Wir arbeiten an super attraktiven Marktplätzen"

Familienunternehmen mit 145 Jahren Tradition: Max Heinemann führt den Hamburger Travel-Retail-Spezialisten Gebr. Heinemann in fünfter Generation

Max Heinemann im OMR Podcast
Max Heinemann (r.) bei der Aufnahme für den OMR Podcast (Foto: OMR)

Ob man sie mag oder nicht, an den "Travel Value"-Shops in Flughäfen führt oft kein Weg vorbei – sondern vielmehr mitten hindurch und entlang Regalen voller Tabakwaren, Alkoholika und Beauty-Produkte. Wegbereiter des Duty-Free-Nachfolgekonzepts ist Gebr. Heinemann aus Hamburg. Im OMR Podcast erzählt Max Heinemann, der die Firma in fünfter Generation führt, wie das Familienunternehmen vom Schiffsausrüster zum Big Player im Travel-Retail wurde. Gebr. Heinemann betreibt heute "Travel Value"- und Duty-Free-Läden auf drei Kontinenten, dazu die Airport-Shops von Luxusmarken wie Louis Vuitton und Hermès. Außerdem beliefern die Hamburger Airlines, Fährgesellschaften und Kreuzfahrtlinien. Mit 8.200 Mitarbeitenden und 3,8 Milliarden Euro Umsatz ist Gebr. Heinemann ein Schwergewicht der Branche. Wie das komplexe Business der Airport-Shop funktioniert, wie seine Firma die Corona-Pandemie überstanden hat und welche Rolle digitale Vertriebskanäle inzwischen spielen, davon berichtet Max Heinemann.

Quizfrage: Was ist das meistverkaufte Produkt am Hamburger Flughafen? Wasser! Auch wenn die moderat bepreisten Trinkflaschen in erster Linie als Lockangebote dienen, um Fluggäste in die "Travel Value"-Stores von Gebr. Heinemann zu ziehen – ihre Beliebtheit sagt viel über die Ausgabefreude der Deutschen aus. Im Schnitt würden sie 2,50 Euro im Laden lassen, erklärt Max Heinemann. Und zum Vergleich: Passagiere aus China bescheren dem Retailer einen durchschnittlichen Umsatz von 160 Dollar.

Ein wenig ist das Äpfel mit Birnen vergleichen, aber ein illustrativer Einstieg in die Erklärung des komplexen Business, in dem Gebr. Heinemann aktiv ist: Der Betrieb der Geschäfte an Flughäfen wird in der Regel ausgeschrieben. Statt fixer Summen bekommen die Airports von den Gewinnern einen Anteil am Umsatz. Basis ist dabei aber nicht die Zahl der tatsächlichen Kund*innen in den Läden, sondern die Gesamtzahl der am Airport abgefertigten Menschen.

Freud und Leid des Monopolisten

"Wir arbeiten an super attraktiven Marktplätzen", sagt Max Heinemann zu diesem komplexen Businessmodell. Denn hat sich ein Unternehmen durchgesetzt, kann es zu seinen Konditionen wirtschaften – und das ohne Konkurrenz. Die Kunst bestehe dann darin, das Maximum rauszuholen. Sichtbar wird diese vor allem in der Architektur der Geschäfte, an deren Feinschliff bei Heinemann ein eigenes Team arbeitet. 

Anfang der 70er-Jahre, als der Frankfurter Flughafen den Betrieb der Duty-Free-Geschäfte erstmals ausschrieb und Gebr. Heinemann darüber den Einstieg in das heute wichtigste Geschäftsfeld fand, war das vergleichsweise einfach. Dank Steuerbefreiung waren Alkohol und Tabakwaren unschlagbar preiswert. Doch mit der Einführung des EU-Binnenmarkt im Jahr 1993 wuchs der Druck, das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. 

"Scheiße, da will ich gar nicht rein."

Die geschieht zum einen, indem im Rahmen des "Travel Value"-Konzepts die inzwischen fällige Mehrwertsteuer – außer für Alkoholika und Tabakwaren – vom Händler übernommen wird. Zudem galt es, eine neue Shopping-Experience zu schaffen. Aus dieser Zeit stammt das Bild des Hindernisparcours aus Parfüm und Schokolade, der verspäteten Reisenden wertvolle Sekunden auf dem Weg zum Gate kostete. 

Das Shopdesign habe sich inzwischen massiv gewandelt, sei deutlich weniger störend, so Heinemann. Trotzdem passiere es ihm immer wieder, dass, sobald er seinen Namen nennt, jemand sagt: "Scheiße, da muss ich immer rein, da will ich gar nicht rein." Dem hält Heinemann entgegen, wie Flughäfen sonst aussehen würden: kahle Transferräume ohne Mehrwert und Aufenthaltsqualität.

Potenzial der digitalen Transformation

Seitdem die Abgrenzung zum lokalen Handel außerhalb des Airports weniger klar sei, bestehe eine weitere Herausforderung darin, das Sortiment besonders zu machen, so Heinemann. Dies geschehe etwa durch eigene Travel-Editionen bekannter Produkte. Immerhin, so Heinemann, was die Digitalisierung betrifft, stehe man nicht so stark unter Druck wie "das Inland" – so nennt er den lokalen Handel außerhalb des Airports.     

Zugleich erkennt der CEO das Potenzial der Digitalisierung für sein Geschäft. Längst betreibt Gebr. Heinemann einen "Travel Value"-Online-Shop. Eine interne Digital-Unit evaluiert weitere Ansätze und Investitionsmöglichkeiten. So hat sich das Unternehmen etwa an der Berliner Airport-Shopping-App Duffle beteiligt. Die soll eine völlig neue Shopping-Erfahrung ermöglichen, dass man sich etwa am Flughafen erworbene Produkte direkt ins Hotelzimmer am Zielort liefern lassen kann. 

Partnerschaft mit dem Erzrivalen

Für Kund*innen sind diese nahtlosen Einkaufserlebnis noch Zukunftsszenarien. Doch Max Heinemann glaubt fest an die Möglichkeiten der Digitalisierung. Und nicht nur er. Neben Heinemann als Lead Investor habe sich auch der "Hauptkonkurrent" Avolta an Duffle beteiligt. "Dass wir und auf einer Ebene verpartnern, wo wir Partnerschaften sonst undenkbar wären, zeigt, was für ein Potenzial in der Industrie grundsätzlich sitzt."

Was Gebr. Heinemann unternimmt, um die Klimaneutralität des eigen Unternehmens zu erreichen, welche Rolle die von den Hamburgern betriebenen Luxusboutiquen für die Fashon Brands haben, und welche Rolle der Bereich Food & Beverage in Zukunft spielen soll, das erklärt Max Heinemann in der neuen Episode des OMR Podcasts.  

Die Themen des Podcasts mit Max Heinemann:

  • (00:00:00) "Praktikum auf Speed" im Familienunternehmen nach dem Abi
  • (00:07:22) der Weg vom Großhändler zum Flughafen-Retail-Spezialisten
  • (00:15:20) Konkurrenz im Bereich Airport Retail
  • (00:20:00) der Wandel von Duty Free zum "Travel Value"-Konzept 
  • (00:24:54) Ausschreibungen und Tender-Praxis im Airport Retail
  • (00:28:36) Auswirkungen von Streiks auf das Geschäft
  • (00:30:39) die Bedeutung der Architektur der Shops
  • (00:34:49) Bestseller, neue Produktkategorien, Eigenmarken 
  • (00:04:03) Flughäfen, die er gerne für Gebr. Heinemann erschließen würde
  • (00:43:58) Bedeutung von Regionalflughäfen im Portfolio
  • (00:44:54) Profite, Marketing und Wachstumsmärkte
  • (00:53:41) Kreuzfahrtgeschäft und Grenzshops
  • (00:57:11) warum Gebr. Heinemann keine Bahnhöfe bedient 
  • (00:59:16) Koop mit Highsnobiety und Luxussortimente
  • (01:03:54) Joint Ventures, Geopolitik und Ausstieg aus Märkten
  • (01:10:47) Flugscham und das Ziel Klimaneutralität
  • (01:18:16) Nachfolge innerhalb eines Familienunternehmens
  • (01:24:41) KI und Digitalisierung des Geschäftsmodells 
  • (01:27:09) eigener Wein als Startup-Inkubator-Projekt
  • (01:31:54) externe Investoren vs. Vorteile des Familienunternehmens
  • (01:36:33) Wachstumsfeld Digitalisierung und Heinemanns Investments

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TravelRetailE-Commerce
Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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