BVB-Boss Aki Watzke über modernen Fußball, Investoren-Gelder und das Mega-Talent Haaland

Torben Lux26.10.2021

Im OMR Podcast spricht Hans-Joachim Watzke offen über die Lage von Borussia Dortmund und der Bundesliga

OMR Podcast Hans Joachim Watzke BVB Borussia Dortmund
BVB-Chef Hans-Joachim "Aki" Watzke (r.) und Philipp Westermeyer.

Zwei Meisterschaftsschalen sowie jeweils drei DFB- und Superpokale haben in den vergangenen zehn Jahren den Weg in die Trophäen-Vitrine des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund gefunden. Damit ist der BVB nach Branchenprimus Bayern München nicht nur die zweite große Adresse des deutschen Fußballs. Der Verein hat auch eine Wiederauferstehung erlebt, an die kurz vor der Insolvenz 2005 niemand glauben wollte – vermutlich auch Hans-Joachim Watzke nicht, der damals angetreten war, den Club zu retten. Mit welchen zwischenzeitlich kritisierten Mitteln die Kehrtwende gelungen ist, wo Watzke die Rolle des BVB im nationalen und internationalen Fußball sieht, was er sich von deutschen Unternehmen wünscht und wie weit er gehen würde, um Shootingstar Erling Haaland langfristig zu halten, hört Ihr im OMR Podcast.

„Ich glaube, dass die Situation von Borussia Dortmund im Februar 2005 deutlich schlimmer war, als die von Barcelona heute“, erklärt Hans-Joachim Watzke im Gespräch mit Philipp Westermeyer in der aktuellen Folge des OMR Podcasts. Die Katalanen hatten zuletzt offengelegt, wie dunkelrot die Zahlen des Traditionsvereins wirklich sind; die Schulden belaufen sich demnach auf 1,35 Milliarden Euro. Und trotzdem soll die Lage bei Dortmund vor 16 Jahren schlimmer gewesen sein? „Die Schulden bei Barca sind exorbitant“, so Watzke. „Aber dem steht ja auch eine Marke gegenüber, das muss man auch sagen.“  

Als Hans-Joachim Watzke, Spitzname Aki, im Februar 2005 zum BVB kommt, malt er sich nicht aus, Jahre später regelmäßig um die deutsche Meisterschaft und in der Champions League mitzuspielen. „Es war keine Lebensentscheidung. Meine Aufgabe war ja nur, den Club vor der Insolvenz zu retten“, sagt er. „Gleichzeitig wurde mir aber gesagt, dass wir es eh nicht schaffen werden. Zuversicht war also nicht wirklich da.“

Vom Unternehmer für Schutzkleidung zum Restaurator des BVB

Bevor Watzke bei Borussia Dortmund antritt, verkauft er Schutz- und Berufsbekleidung; erst als Angestellter, als er merkt, dass es auf der Karriereleiter nicht mehr weiter nach oben gehen kann, dann in seinem eigenen Unternehmen. „Auf der Eins war der Gründer, seine Kinder hätten das irgendwann übernommen. Ich wäre also nicht auf die Eins gekommen und habe mich für einen kompletten Cut entschieden“, so Watzke. 15 Jahre lang konzentriert er sich auf sein Unternehmen. Dann ruft der BVB, bei dem er seit 1996 Mitglied und seit 2001 bereits Schatzmeister ist. Bei der Watex Schutz-Bekleidungs GmbH ist er noch heute alleiniger Gesellschafter; die operativen Geschicke leiten Frau und Sohn. 

Dass es Hans-Joachim Watzke gelingt, die drohende Insolvenz von Borussia Dortmund abzuwenden und den Verein in der Folge auch noch erfolgreich zu restrukturieren, habe er auch einigen Zufällen zu verdanken – unter anderem auch dem Kennenlernen von Patrick Lynch, damals bei Morgan Stanley. „Er wollte eigentlich gar nichts vom BVB und hatte mich nur als Gesellschafter von Watex besucht. Das war ein Riesenglück“, so Watzke. Der BVB-Chef nutzt den neuen Kontakt und erfährt, ab wann es für Morgan Stanley in Frage käme, einzusteigen. 20 Millionen Euro Umsatz würden fehlen. Wiederkehrend, jedes Jahr. Mit dem Verkauf der Namensrechte des ehemaligen Westfalen-Stadions an Signal Iduna und einem Sponsoring-Deal mit Evonik gelingt das.

Heuschrecken und die Finanzkrise

Dass Morgan Stanley im Rahmen einer Kapitalerhöhung dann beim BVB einsteigt und das Stadion plötzlich Signal Iduna Park heißt, stößt nicht überall auf Freude und Verständnis. „Viele waren gegen die Restrukturierung durch Morgan Stanley und warnten vor der Heuschrecke“, erklärt Hans-Joachim Watzke. „Ich war da auch nicht blauäugig und wusste, dass das high risk ist. Aber ich habe an den Patrick Lynch geglaubt und ich wusste, der bescheisst mich nicht.“ Als die Bank Morgan Stanley während der Finanzkrise 2008 und 2009 viele Beteiligungen abstoßen muss, gehört auch Borussia Dortmund dazu. Der Preis der Aktie sinkt auf seinen Tiefstand, Fans decken sich ein – ein Glücksfall für den BVB. „Ich war Morgan Stanley los und bekam Jürgen Klopp. Das war im Prinzip der Game Changer“, so Watzke heute.

Dass der BVB damals notgedrungen einen großen Finanzinvestor an Bord holt, dürfte so schnell nicht noch einmal passieren – zumindest, solange Hans-Joachim Watzke die Geschicke des Vereins leitet. Er gilt als Verfechter der sogenannten 50+1-Regel, nach der Kapitalanleger nicht die Mehrheit an deutschen Proficlubs erwerben können (stark verkürzt). „Ich werde bis zur letzten Patrone um 50+1 kämpfen“, betont Watzke. Was das im ersten Schritt für die Bundesliga im internationalen Vergleich bedeutet, sei ihm klar. Während Investoren aus der ganzen Welt in Fußball-Clubs großer europäischer Ligen investieren – zuletzt sicherte sich ein Fonds aus Saudi-Arabien den Premiere-League-Club Newcastle United – spielen deutsche Vereine auch finanziell in einer anderen Liga.  

Deutsche Unternehmen in der Pflicht

„In Deutschland ist Fußball ein Sport für alle Bevölkerungsschichten. Und das ist auch einer der ganz wenigen Klebstoffe, den diese Gesellschaft noch hat“, sagt Watzke. Investoren würden zwar zu mehr Geld für Gehälter und damit internationalen Stars führen, aber auch die Preise für Eintrittskarten steigen lassen. Das könne nicht im Interesse der Liga sein. Vielmehr fordert Watzke ein Umdenken deutscher Unternehmen. „Mir geht es nicht um einzelne Personen, sondern darum, dass man vielleicht mal die großen Unternehmen zusammenzieht und die einfach mal in die Bundesliga investieren“, so der BVB-Boss. Das könne eine Maßnahme sein, um die 50+1-Regel zu halten und die Liga im internationalen Vergleich finanziell trotzdem konkurrenzfähig zu machen. Watzke habe aber nicht den Eindruck, dass es gerade sehr viele Unternehmen in Deutschland gebe, die sich darüber Gedanken machen: „Es ist zugelassen, dass sich Staaten einkaufen. Und wenn wir da kein Gegenmodell entwickeln, dann wird es schwierig.“

Und das beträfe dann auch den FC Bayern München. „Zu glauben, dass wir mit Abu Dhabi oder Saudi-Arabien mithalten können, da muss man ehrlicherweise sagen: Wer das glaubt, hat einen Vogel“, betont Watzke. Ohne eine große Kraftanstrengung deutscher Unternehmen, sei das nicht möglich. „Dann wird es auch für Bayern München irgendwann eng.“

In der aktuellen Folge des OMR Podcasts spricht Hans-Joachim Watzke außerdem über das Verhältnis und die Konkurrenzsituation mit Bayern München, verrät wie die Digitalisierungs-Offensive beim BVB aussieht und weshalb Dortmund immer wieder Top-Talente wie Erling Haaland von sich überzeugen kann, obwohl ganz Europa Interesse hat. Nicht nur für Fußball-Fans eine absolute Hörempfehlung.

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Alle Themen des OMR Podcasts mit Hans-Joachim Watzke im Überblick:

  • Vor seiner Zeit beim BVB war Hans-Joachim Watzke Unternehmer in der Branche für Schutzbekleidung (ab 05:00)
  • Seit seinem Ausstieg bei der Watex Schutz-Bekleidungs GmbH ist der Marktführer Engelbert Strauss zum Milliarden-Konzern gewachsen. Sieht Watzke in dieser Entwicklung eine verpasste Chance? (ab 08:00)
  • 2005 sollte Hans-Joachim Watzke den BVB vor der Insolvenz retten. Was hat er gemacht, dass das zum Scheitern verurteilte Vorhaben doch geklappt hat? (ab 10:45)
  • Deshalb bezeichnet Watzke das Kennenlernen mit Patrick Lynch, damals bei Morgan Stanley, rückblickend als riesiges Glück (ab 12:00)
  • Der Verkauf der Namensrechte des Westfalenstadions an Signal Iduna und der neue Hauptsponsor Evonik waren der Anfang der Rettung (ab 13:00)
  • Die „Rolle“ von Florian Homm (ab 14:00)
  • Sind aktuelle hohe Schulden von Clubs wie dem FC Barcelona vergleichbar mit der damaligen Fast-Pleite des BVB? (ab 15:10)
  • So lief die Restrukturierung durch Morgan Stanley ab (ab 16:15)
  • Deshalb war die Finanzkrise 2008/2009 für den BVB ein Glücksfall (ab 17:10)
  • Wie Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc Trainer Jürgen Klopp vom FSV Mainz zum BVB geholt haben (ab 18:10)
  • Welchen Stellenwert hat ein Trainer für einen Profifußball-Club heute? (ab 19:35)
  • Hätte Hans-Joachim Watzke auch eine hohe Ablösesumme für einen Trainer wie Julian Nagelsmann bezahlt? (ab 22:00)
  • Was sind die drei wichtigsten Positionen innerhalb eines Fußball-Clubs? (ab 23:15)
  • So denkt Watzke über den Wert der BVB-Aktie – auch im Vergleich zu einem Club wie Manchester United in der Premiere League – und das hat die 50+1-Regel damit zu tun (ab 24:15)
  • Das würde sich laut Watzke mit einer Abschaffung der 50+1-Regel in der Bundesliga verändern (ab 27:00)
  • Was eine Superleague für die Bundesliga und den europäischen Fußball bedeutet hätte und weshalb Watzke so dagegen ist (ab 32:10)
  • Das wünscht sich Hans-Joachim Watzke von den großen Unternehmen in Deutschland (ab 36:40)
  • Watzke über Donata Hopfen, die im kommenden Jahr den DFL-Vorsitz übernimmt (ab 41:10)
  • Es gilt als unausweichlich, dass der BVB riesige Talente wie Erling Haaland und Jude Bellingham nicht langfristig halten kann. Was denkt Watzke darüber? (ab 44:10)
  • Ist eine Kapitalerhöhung für einen Ausnahmespieler wie Erling Haaland denkbar? (ab 46:10)
  • Was würde Hans-Joachim Watzke mit bedingungslosen 500 Millionen Euro für den BVB machen? (ab 47:30)
  • Welche Rolle spielt die Digitalisierung für Borussia Dortmund und die Bundesliga? (ab 49:50)
  • Ist die Follower-Zahl von Spielern heute ein Kriterium bei Transfers? (ab 50:50)
  • Können Trikot-Erlöse große Transfers refinanzieren? (ab 52:45)
  • Wie gelingt es dem BVB, immer wieder große Talente zu entdecken und gewinnbringend zu verkaufen? (ab 54:00)
  • Über den Vergleich mit Bayern München – und weshalb Watzke Karl-Heinz Rummenigge für den besten deutschen Sport-Manager aller Zeiten hält (ab 57:55)
  • Braucht die Bundesliga Vereine wie Schalke 04 und den Hamburger SV? (ab 1:00:20)
  • Wie intensiv beobachtet Hans-Joachim Watzke die großen US-Sportligen? (ab 1:05:15)
  • Wieso hat Watzke keinen öffentlichen Instagram-Account? (ab 1:08:45)
  • Wo konsumiert die junge Generation heute eigentlich noch Fußball? (ab 1:10:35)
  • Wäre es denkbar, die Regeln vom Fußball anzupassen, um den Verschiebungen in der Aufmerksamkeitsökonomie gerecht zu werden? (ab 1:11:25)
  • So kam es zum guten Verhältnis mit dem Trainer José Mourinho (ab 1:12:10)
  • Watzkes Verhältnis zum DFB, eine mögliche Tätigkeit bei der DFL und seine Zukunft beim BVB (ab 1:15:30)
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Torben Lux
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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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